Donnerstag, 10. September 2015

Unterwegs: Recyclingmarkt

Sehnsüchtiger Rückblick auf den Hochsommer - mit Hitzewelle und allem Drum und Dran. Am 13. und 14. Juni hatte ich die Gelegenheit, echte Bastler live zu treffen. Echt deshalb, weil sie ihre Materialien nicht fix fertig bestellen, sondern aus allerhand Zeug, das andere schon als Müll abgeschrieben haben, auf kreative Weise neue Gegenstände erschaffen. Das musste ich mir natürlich ansehen!



Basteln sei sinnlose Zeitverschwendung, das höre ich oft. Natürlich braucht es ein gewisses Maß an Muße, um sich hinzusetzen und ein Projekt (gerade, wenn es zeitaufwendig ist und Kleinstarbeit voraussetzt) fertigzustellen. Vor allem, wenn man am Schluss ein Dekoobjekt oder Schmuckstück geschaffen hat, bei dem sich schon auf den ersten Blick die Frage nach der Sinnhaftigkeit stellt. Wenn man dann aber sieht, was man alles aus "Müll" oder - weniger dramatisch formuliert - ausgedienten Maschinen, Stoffstücken und Alltagsgegenständen noch herausholen kann, hat man statt der Sinnfrage auf einmal ein Statement vor sich: Aufpeppen statt wegwerfen. Und genau das war der Leitspruch des Wochenendes, das das Salzburger Bildungswerk im Gneiser Kleingmainerhof organisiert hat. Seht selbst und lasst euch überraschen, was für kreative Basteleien man dort bestaunen konnte!

Ausgestellt haben Privatpersonen, motivierte Jungunternehmer und auch Vereine. Allen gemeinsam war der Gedanke des Recycelns - wobei auch Produkte präsentiert wurden, die zwar nicht recycelt, aber trotzdem in mühevoller Handarbeit entstanden sind. Übrigens: Wenn es zum Bild auch einen Onlineshop oder direkte Kontaktmöglichkeiten gibt, ist der Link gleich dabei. Damit es auch schnell geht, mit den Souvenirs und Weihnachtsgeschenken!

Graubunt

T-Shirt-Garn ist ja mittlerweile ein im Internet weit verbreitetes In-Material, aus dem man so manch praktisches Ding häkeln oder stricken kann. Natürlich kann man es inzwischen schon fertig auf Spulen kaufen, die Idee der Wiederverwendung steht aber hier im Vordergrund: Aus einem alten T-Shirt können viele neue Sachen entstehen.

Sylvia Martinez

Man kann es aber auch (fast) im ganzen Stück weiterverwenden, als Tragetasche zum Beispiel. Wenn man statt Stoff einfach ausgediente Wachstücher verwendet, dann ist das Sackerl sogar gegen Flecken gefeit.

Frauen helfen Frauen e.V.

Alte Zeitschriften können zu Papierperlen aufgewickelt, aus Palmblättern Taschen gewoben oder aus Tonerde Figuren geformt werden, wie es für die obigen Gegenstände Frauen im Gefängnis in Uganda gemacht haben.

3Wunder

Was wird aus deinem alten Gürtel, wenn er ausgedient hat? Ein Armband vielleicht? Oder trägt man ein altes Türschloss als Schmuckstück - ja, warum denn nicht?

Ihr merkt es langsam: Es geht darum, Sachen nicht einfach wegzuschmeißen. Viel mehr noch, eigentlich schon beim Einkaufen darüber nachzudenken: Brauche ich das wirklich? Wie oft werde ich es verwenden, bevor ich es wegschmeiße? Muss ich es denn wirklich wegschmeißen, wenn es kaputt ist? Kaufe ich ein Plastiksackerl oder nehme ich mein eigenes Stoffsackerl mit? Kaufe ich Getränke in der Glas- oder in der Plastikflasche?

Foto © Renate Hasenblas

Ja, das ist eine Halskette. Ja, da sind Zigarrettenstummel eingearbeitet. Ein Statement, das zum Nachdenken anregen soll.

artdesign Studio

Aber zurück zur Leichtigkeit des Seins. Manches wird auch einfach alt und kaputt, da kann man nichts machen. Und dann ist man oft überrascht, wenn es doch noch ein zweites Leben bekommt. Nachfragen hat sich auf dem Recyclingmarkt mehrmals bewährt, da man oft erst auf den zweiten Blick erkennt, was da wiederverwendet wurde.

Gertrud

Diese stabilen Handtaschen wurden beispielsweise aus alten Feuerwehr- oder Motorradschläuchen genäht, aus alten Flaggen (Mitte links) schnell trocknende Strandtaschen. Aus Bullaugen von alten Waschmaschinen kann man Salatschüsseln machen, die mit Muster nach dem Sandstrahlen kaum noch als Bullaugen erkennbar sind. Und dass aus alten PCs, Schreibmaschinen und Zubehör tolle Schmuckstücke entstehen können, liegt da dann auch schon auf der Hand.

TrashDesignManufaktur

Für viele der Ausstellungsstücke benötigt man besonderes Werkzeug zur Verarbeitung, für ziemlich alle jedenfalls viel Zeit und Geduld.

grisu-kreativ

Go-Fishnet

Die Nespresso-Kapseln kennen wir eigentlich schon lang aus dem WWW. So viele, wie davon täglich als Müll anfallen, so viele Ideen gibt es aber auch, sie dekorativ zu recyceln.

Isabelle Lanik

Auch die Verwertung von alten Schallplatten ist keine neue Idee, aber durchaus für die Weiterverwendung der zerkratzten (heul!) musikalischen Lieblingsstücke zu empfehlen.

Dani Riedel

Witzige Ideen und bunte Ausführung? Bitteschön.

Mary's Planet

racoon

Das zweite Bild oben zeigt übrigens einen Rock mit abnehmbarem und austauschbarem Rocksaum (drittes Bild). So einfach trägt man jeden Tag ein anderes Muster und eine neue Farbe, und das aus Stoffresten - darauf muss man erst einmal kommen.

igou

Die Damen mit den unermüdlichen Nähmaschinen dürfen natürlich auch nicht zu kurz kommen.

Brigitta Koruna

Fotos © Amira Willen

Hier wird besonders viel Zeit investiert! Habt ihr schon mal probiert, selbst etwas zu quilten?

Maria Rosmann

Ich muss hoffentlich nicht extra betonen, dass es zwar um die gute Sache, aber auch um Handarbeit ging. Nicht zu verwechseln mit einem FLOHmarkt stecken in diesen Stücken nicht nur der Materialpreis (auch Schrott kostet), sondern vor allem unzählige Stunden an Geduld und Fingerspitzengefühl.

MoMa Creations

Als i-Tüpfelchen dann gab es sogar noch einen Upcycling-Stand, wo man selbst basteln konnte! So viel zu sehen, so viel zu tun! Und für den kleinen oder größeren Hunger gab es sogar ein (türkisches, sehr schmackhaftes) Buffet - ich wollte eigentlich gar nicht mehr heimgehen.

Soweit zum Rückblick auf ein Wochenende, von dem ich mir viele schöne Erinnerungen, Fotos und Bastelideen mitnehmen durfte (und das eine oder andere Souvenir natürlich auch). Damit sollte nicht nur die Sinnfrage der Bastelei ausreichend geklärt, sondern auch der kritische Blick auf Kauf- und Wegwerfverhalten geschärft sein. Die Sponsoren Stiegl Salzburg, Fürstenallee Immobilien und Burkhard-Travel haben ein großes Dankeschön verdient!

Die zahlreichen, fleißigen Aussteller haben für ein überaus freundliches und gemütliches Klima gesorgt und am Ansturm konnte man merken, wie aktuell die Themen "Konsum" und "Recycling" im Zeitalter der Massenproduktion sind. Danke an alle, die meine Fragen geduldig über sich ergehen und mich stundenlang fotografieren ließen - ich hoffe, wir treffen uns bald wieder beim Recyclingmarkt 2016!

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